Chance Miliz
Luzern, 7. November 2024 – Über 250 Gäste aus Armee, Politik und Wirtschaft nahmen an der 19. Ausgabe der Veranstaltung „Chance Miliz“ teil, die von der Kantonalen Offiziersgesellschaft Luzern (KOGLU) organisiert wurde. Die jährliche Zusammenkunft im Armee-Ausbildungszentrum Luzern bot eine ideale Plattform für angeregte Diskussionen über die Fähigkeit unserer Armee, in einem eventuellen Krieg zu bestehen.
Privatdozent Dr. Alexander Krethlow, Präsident von „Chance Miliz“, eröffnete und moderierte den Anlass. Dabei betonte er die Dringlichkeit, aus historischen Analogien die erforderlichen Massnahmen abzuleiten. Zudem gelte es, materiell auf dem neuesten Stand der Rüstungstechnik zu sein und zugleich ideell den Willen zur Verteidigung zu besitzen: „Was müssen wir tun, um die Schweizer Armee auf einen modernen Krieg vorzubereiten?“ Diese zentrale Frage zog sich als roter Faden durch die Veranstaltung.
In ihrem Grusswort betonte Regierungsrätin Ylfete Fanaj, Vorsteherin des Justiz- und Sicherheitsdepartements des Kantons Luzern, die Bedeutung der Sicherheit in der Gesellschaft und stellte die Frage: „Wie schützen wir uns vor Spaltungen?“ Sie hob Diplomatie als zentrales Mittel hervor, um Vertrauen und Stabilität zu fördern und das Sicherheitsgefühl zu stärken. Sie unterstrich auch die Notwendigkeit einer gut ausgerüsteten Armee sowie das Zusammenspiel von innerer und äusserer Sicherheit.
Divisionär René Wellinger, Kommandant der Höheren Kaderausbildung der Armee und stellvertretender Chef Kommando Ausbildung, akzentuierte in seinem Grusswort die Wichtigkeit einer modernen Führungskräfteausbildung, um die Armee zukunftsfähig zu machen. Die Höhere Kaderausbildung (HKA) unter seiner Leitung bekennt sich mit dem Motto „Aus ‚Rot‘ wird ‚Blau‘“ zur Ausbildung als oberste Pflicht. Durch die Einbindung von Berufspersonal, Milizangehörigen und internationalen Streitkräften entsteht eine wertvolle Mischung aus Perspektiven. Der Campus sei für alle sicherheitsorientierten Institutionen als Ausbildungszentrum offen.
Urs Loher, Rüstungschef und Direktor von armasuisse, erklärte in seinem Inputreferat, dass moderne Technologien entscheidend für die Durchhaltefähigkeit der Armee seien. „Die Schweizer Armee muss personell und technologisch auf höchstem Niveau agieren, um die Herausforderungen von morgen zu meistern,“ so Loher. Er stellte verschiedene zentrale Technologiefelder wie Drohnen, Robotik und künstliche Intelligenz vor, die auf den neuesten Stand gebracht werden müssen, um die Armee kriegstauglich zu machen. Aktuell fehlen diese weitestgehend und er fragte abschliessend: „Wie viel Zeit bleibt uns, um diese Lücke zu schliessen?“
Im anschliessenden Podium diskutierten Urs Loher, Georg Häsler, NZZ-Redaktor und Militärexperte, Mathias Mauer, CEO der Swiss Innovation Forces, und Oberstleutnant Christoph Hürlimann. Die Moderation dieser spannenden Diskussionsrunde lag in den Händen von Oberst Alexander Krethlow.
Podiumsteilnehmer Christoph Hürlimann bemängelte das Fehlen eines konsensfähigen Verteidigungskonzepts und kritisierte die geringe Hürde, mit der Armeeangehörige in den Zivildienst wechseln könnten. Georg Häsler fragte provokativ, ob die Schweiz bereit sei, Demokratie, Freiheit und Sicherheit zu verteidigen. Rüstungschef Loher und der CEO der Swiss Innovation Forces hoben die Bedeutung neuer Drohnentechnologien hervor, betonten aber auch die Notwendigkeit, den Bodenschutz nicht zu vernachlässigen.
Die Diskussion unter Einbezug des Publikums zum Thema Glaubwürdigkeit offenbarte, dass die Armee an Vertrauen eingebüsst, aber auch eine ehrliche Selbstreflexion eingeleitet hat. Das Plenum war sich einig: Eine eigenständige, zumindest eine unabhängige Rüstungsindustrie ist notwendig, um Freiheit, Souveränität und Resilienz nachhaltig zu sichern.
Fazit:
Unsere Armee kann ihren Verteidigungsauftrag zurzeit nicht erfüllen, denn es fehlt an genügend Soldatinnen und Soldaten sowie an Material. Es findet ein Umdenken statt. Die Nachrüstung unter Einbezug neuer Technologien braucht Zeit und in den Köpfen der Schweizer Bevölkerung muss wieder eine verteidigungsfähige Resilienz entstehen. Wie schaffen und erhalten wir die Kameradschaft, die im Ernstfall den Unterschied ausmacht?